Von der Schönen aus Kolchis
Für den Herbst des Lebens steht die Herbstzeitlose in der Blumensprache. Im Volksmund kennt man die schöne Herbstblüherin unter vielen Namen, darunter auch Giftkrokus und Teufelswurz. Letzteres mag daran liegen, dass die Menschen schon immer um ihre Giftigkeit wussten. Sämtliche Pflanzenteile enthalten nämlich das giftige Colchizin. Die alten Griechen kannten das Kraut als derart giftig, dass es an nur einem Tag den Tod herbeiführte, und nannten es deshalb „Ephemeron". Auch die sagenhafte Königstochter und Zauberin Medea aus Kolchis nutzte die Herbstzeitlose, um aus ihr Tod bringende Tränke zu brauen. Wissend um diese Sage und ihren Blütezeitpunkt im Herbst gab Carl von Linné der Pflanze ihren botanischen Namen Colchicum autumnale, was so viel heißt wie herbstliche Pflanze aus Kolchis (das heutige Georgien). Im Mittelalter nannte man die Herbstzeitlose „Filius ante patrem“ (Sohn vor dem Vater), weil sie gewissermaßen die Jahreszeiten auf den Kopf stellt: Denn sie blüht im Herbst, um dann im Frühjahr Blätter und Samen hervorzubringen. Ihr Volksname „Spinnblume“ rührt daher, dass man ihre Blüten zwischen den Händen zerrieb, weil man hoffte, seine Hände beim Spinnen im Winter vor dem Wundwerden zu schützen. Im Züricher Oberland bestrichen sich die Mädchen mit dem Pflanzensaft der „Lichtblume“ ihre die Augenlider, um bei ihrer Arbeit an den langen Winterabenden leichter wach bleiben zu können. Von solchen Experimenten sollte
der Gartenfreund nun wirklich besser Abstand nehmen. Viel eher sollte er sich daran erfreuen, wenn sich
in Parks und Gärten zu Beginn eines jeden Herbstes aufs Neue ein beeindruckendes Schauspiel darbietet: Dann strecken die „schönen Kolcherinnen“ zu Tausenden ihre zarten violetten Blüten ans Tageslicht, als hätten sie nur auf ein Startsignal gewartet. Mit ihrem herrlichen Anblick kann man gerade an einem trüben Herbsttag noch einmal getrost vergessen, dass die dunklere Jahreszeit bald wieder vor der Tür steht!
Text Antje Peters-Reimann www.gruenwort.de